Wäh!

War heute wieder mal im Theater und hatte das Pech, direkt in einem Schwarm von Teenager-Gören gelandet zu sein, schätzungsweise 17, 18 Jahre alt.

Nuuun… das Kichern und Tuscheln und allgemein ein wenig Hohl-in-der-Birne-Sein ist ja erwartet und ihr gutes Recht, aber eines ist dann doch sehr bedenklich. Nämlich während eines Stückes, in dem dauernd geküsst und gegrabbelt wird, an genau – und nur – der Stelle, an der sich zwei Männer küssen, lauthals: „Wääääh!“ zu kreischen. Und zwar in einem Tonfall, der andeutet, dass es auf Gottes Erdboden noch nie etwas ungustiöseres gegeben hat als zwei sich busselnde Männer. Noch dazu zwei Männer, die ja nun wirklich nicht unschön anzuschauen waren.

Jedem seine Meinung, aber… ihr dummen kleinen Weibchen, wisst ihr eigentlich, wie sehr ihr euch selbst mit diesem einen „Wäääh!“ als zurückgebliebene homophobe Schnepfen mit dem geistigen Horizont eines nicht besonders intelligenten Teelöffels geoutet habt?

Ich sollt mich ja vielleicht nicht so aufregen über so etwas, aber… wäh, wäh, selber wäh!

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7 Antworten zu Wäh!

  1. Razorback schreibt:

    Ja… diese Art von Publikum war der Grund, aus dem ich irgendwann mein Studentenabo für eine sonst immer sehr lohnende Veranstaltungsreihe gecancelt habe. Das war aber in den 90ern, als das Jungvolk auch im Kino nicht die Klappe halten konnte. Die Nervbälger von damals dürften heute so Ende 20 Anfang 30 sein, und ich habe eigentlich den Eindruck, dass die heutige Jugend im Durchschnitt wieder viel erträglicher ist. Aber bei Euch in Österreich passiert ja alles etwas später. ;-p

    Die Wäh-Reaktion finde ich der Homophobie wegen etwas widerlich, vom analytischen Standpunkt aus aber interessant, weil unerwartet. Und das kommt daher: Ich bin ein heterosexueller Mann. Von daher finde ich zwei sich in liebender Weise küssende Männer emotional nicht nachvollziehbar. Da mir aber klar ist, dass das nicht an den küssenden Herren liegt, sondern an mir – was können die schon dafür, dass ich hetero bin – äussere ich meine unmaßgebliche Meinung nicht. Im Gegenteil, würde mein homosexueller Freund H zum Beispiel jemanden zum regelmäßigen Küssen finden, würde ich mich sehr freuen, aber das nur am Rande. Nur nachvollziehen kann ich es eben nicht. Da ich aber selbst gerne in liebender Weise Frauen küsse, kann ich nachvollziehen, dass auch manche Frauen das gerne tun. Wenn ich so etwas sehe, denke ich üblicherweise das Gegenteil von Wäh!. Ich unterstelle in meiner einfachen Denkungsart gerne, dass heterosexuelle Frauen umgekehrt empfinden, dass ihnen der Anblick küssender Männer also gefallen sollte. Was mich zu dem Schluss führt: Du hattest gestern einfach das Pech, in den jährlichen Kulturausflug des Clubs Junger Homophober Homosexueller Frauen, zu geraten oder an eine Truppe unreifer Nervbälger. 😀

    Und da ich hier gerade sitze und Spass daran gewinne, Deinen Blog vollzuschreiben, möchte ich auch noch mit einer kleinen Geschichte dienen die hilft, den Grad der Unreife einzuschätzen: Meine ältere Tochter (M) zeigte mir gestern ziemlich stolz ein Vertragsdokument, das sie selbst aufgesetzt hat. Es verpflichtet ihren Klassenkameraden B, sie bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses zu ohrfeigen und trägt die Unterschriften der beteiligten Parteien (M und B) sowie der gemeinsamen Freundin C als Zeugin. Das betreffende Ereignis wäre, dass M sich in einen anderen Klassenkameraden (V) verliebt. Von der Pflicht zur körperlichen Zurechtweisung wäre B nur entbunden, wenn zuvor mindestens zwei der drei unterzeichnenden Parteien erklären, dass der V „nicht mehr doof“ ist. Eine entsprechende Erklärung würde den Vertrag nichtig machen.

    Was nun – und damit komme ich zum Punkt – ist mit „doof“ gemeint? Nun, der V hat die Angewohnheit, wann immer Worte wie „Sex“, „Küssen“, „Liebe“ etc. fallen (Zitat) „zu kichern und albern zu lachen“. „Wie ein Drittklässler“ sagt die Tochter voll Verachtung und meint damit dritte Klasse Grundschule.

    Das dürfte in etwa der Reifestand Deiner Theaterbesucherinnen sein. Wer weiss, vielleicht sind auch sie Gegenstand irgendwelcher Ohrfeigenverträge. 😉

  2. Sarah Wassermair schreibt:

    Ja… die obige Überlegung ist mir auch durch den Kopf gegangen und es hat mich schwer gewundert. Wär interessant gewesen, ob die Dumbeutelinnen auch ge-wäht hätte, wenn es da zwei sich küssende Frauen gewesen wären. Hmhmhm.

    Und dass deine Kinder cool sind, muss ja nicht schon wieder gesondert erwähnt werden. Das ist einfach nur Fakt.

  3. Sarah Wassermair schreibt:

    Und wir reden hier im übrigen auch nicht von einem hingebungsvollen Schmatzer, sondern von ‚zwei gesichter nähern sich schüchtern in kussreichweite‘. Und zwar in einem Stück, in dem wirklich andauernd wesentlich ärger herumgebusselt wird, halt männlein-weiblein, worauf von der Vergleichsgruppe keine Reaktion kam.

    Wahrlich, ich bin fasziniert.

  4. brigitte schreibt:

    Seitdem ich (gottseisgedankt nur aus Zweiter Hand) erfahren habe, wie in der Schulvorstellung von „Cabaret“ reagiert wurde (zur Erklärung: zwei küssende Herren, einer Nazi, einer Brite- da wär ein wenig Wäh-Gerufe schon angezeigt, aber aus anderen Gründen- großes Gebuhe, Brite schlägt daraufhin Nazi nieder: Szenenapplaus – unterstellterweise auch aus den falschen Gründen) plädiere ich bei uns am Haus für die einführung einer „Watschenpauschale“: die Einlasser/innen kriegen pro Stunde drei Euro mehr, wenn sie jedem und jeder Heranwachsdenen, die nach so einer Vorstellung den Saal verlässt mit der flachen Hand und angemessenem Schwung von hinten eins überziehen. Nur so, damit reagiert wird.

  5. Sarah Wassermair schreibt:

    Ich hab dir mal erzählt, dass ich wirklich mal in einer Schulaufführung in Dachsberg einen Heranwachsenden gewatscht habe, oder? (Wohlgemerkt: nach dreimaliger Verwarnung und weil der Bursche es einfach nicht lassen konnte, lautstark und mit schlechter Grammatik über die Figur der Hauptdarstellerin abzulästern.)

  6. brigitte schreibt:

    du bist manchmal (meistens. fast ganz immer.) so unglaublich wunderbar. also eh beinah ständig. aber dann und wann noch ein bisserl mehr als sonst.

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