About: Geschichten für euch
Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Teil 5
Teil 6
Teil 7
Teil 8
Teil 9
Teil 10
DAS MITTELMEER
Alischa hatte in seinem Leben gegen Hunderte von Monstern gekämpft, hatte über Tausende von Feinden triumphiert – aber keiner von ihnen war so unerbittlich gewesen wie Schwester Hildtrude. Die Frau herrschte mit eiserner Hand über Sonnenscheins Mittelmeer-Altersheim für betagte Gesetzesbrecher magischer und nicht-magischer Natur und war offensichtlich fest entschlossen, höchstpersönlich jeden Humor aus der Welt zu entfernen. Allein das Theater, das sie und ihre Gehilfinnen wegen dem winzigkleinen Rollstuhlrennen gemacht hatten, das Alischa und Baldachius Prim am Gang veranstaltet hatten! Gut, vielleicht hätte es keine echten Skelette gebraucht, um die Rollstühle zu schieben, aber wo blieb denn sonst der Spaß? (Der gefürchtete Totenbeschwörer war mittlerweile auch ein bisschen in die Jahre gekommen, hatte es mit dem Kreuz und wohnte in Zimmer 879. Die Sache mit dem beschwipsten Untotenheer war längst verziehen, er und Alischa verstanden sich jetzt prächtig.) Die schlimmste Unart von Schwester Hildtrude aber war, dass sie Alischa partout nicht zum Meer lassen wollte, dem Letzten auf seiner Liste.
Was ein echtes Problem war, denn das war die eine Sache, die er in diesem Leben unbedingt noch erledigen musste. Seine Frau war vor zwei Jahren im gediegenen Alter von 105 schon einmal vorgegangen und er vermisste sie bitterlich. Ja, sie telefonierten einmal am Tag miteinander – das nette Medium von Zimmer 189 stellte die Verbindung her, im Tausch gegen die Rosinen in Alischas Frühstücksmüsli – aber es war einfach nicht dasselbe, wie seine Liebste im Arm zu halten.
„Ich komm bald“, sagte er ihr jedes Mal: „Aber ich muss das noch fertig machen.“
Er hörte ihr an, dass sie es ein wenig kindisch fand, aber das änderte nichts an seinem Entschluss. Es war das erste Versprechen gewesen, dass er ihr jemals gegeben hatte, also würde er es verdammt noch einmal einhalten.
Egal, wie oft er Schwester Hildtrude die Sachlage erklärte, sie blieb unerbittlich. Dabei waren es doch nur ein paar Kilometer bis ans Wasser! Gut, da waren ein paar Steilklippen, eine winzig kleine Kolonie von menschenfressenden Killermöwen und angeblich trieb sich in letzter Zeit eine etwas schlecht gelaunte Sphinx in der Gegend herum… aber das waren doch alles keine Gründe! Sogar mit dem Schwarm zehn Meter langer Mörderaale in der Bucht argumentierte Schwester Hildetrude – und dabei wusste doch jeder, dass die seit Monaten niemanden mehr gefressen hatten. Also, zumindestens nicht ohne Provokation. Nein, die Frau war völlig irrational und kannte weder Gnade noch Verständnis für das simple Bedürfnis eines alten Mannes, sein güldenes Lebenswerk zu vollenden.
Er hatte schon alles probiert: er hatte Dienstmädchen bestochen und Pflegepersonal bedroht, hatte versucht, sich im Schutz der Dunkelheit samt Rollstuhl aus seinem Fenster abzuseilen und hatte sogar eine Petition an das englische Königshaus geschickt, in der er um Beistand und Truppen im Kampf Alischa vs. Hildtrude bat. Nichts hatte geholfen.
Hat dies auf schreckenbergschreibt rebloggt und kommentierte:
Während ich noch mein Feuerholz schichte (a.k.a. durchsehe und redigiere) brennt Sarahs Feuerchen schon heimelig und sie ist bereit Euch zu erzählen, wie es mit Alischa und der Mission seines Lebens weitergeht… 🙂
Pingback: Der Pirat, der in alle sieben Weltmeere pinkeln wollte – Teil 12 | Der Guppy war's und nicht die Lerche
Pingback: schreckenbergschreibt: Das waren die Quarantänegeschichten | schreckenbergschreibt